Von Null auf Gutenberg
Wenn Sie bis hierher durchgehalten haben, gebührt Ihnen Dank! Ich darf trotzdem noch ein wenig zur Geschichte der Bibeldrucke informieren. Für unser Thema ist einfach nur wichtig zu wissen, dass sich die Bibelübersetzungen geschichtlich aus drei Sprachen speist: Übersetzungen aus dem Hebräischen und Griechischen bei den Protestanten und die Übersetzung aus dem Latein bei katholischen Bibeln.
1534 – das Datum ist eine Zäsur und meint, das werden sie sicherlich wissen, die Herausgabe der Vollbibel der Lutherbibel. Bekannt ist auch, dass das weder die erste Bibel in deutscher Sprache noch die erste gedruckte Bibel war. Wir haben vom 8. bis zum 14. Jahrhundert eine ganze Menge (ca. 800 Stück, Wenzelbibel, diverse Armenbibel) Klosterhandschriften, Bibelabschriften, manch prachtvollen Evangeliar, Stundenbücher und dergleichen mehr überliefert.
All diese wertvollen Einzelstücke gelangten nicht zur weiteren Verbreitung. Weil Ihnen zwei wesentliche Voraussetzungen fehlten: Die weite Verbreitung des Papiers und die Erfindung des Buchdrucks.
Wir haben alle in der Schule mal gelernt, dass Pergament teuer war. Dass liegt einerseits an der aufwändigen Herstellung als auch am enormen Verbrauch. Für eine Vollbibel musste man 15-30 Kühe keulen, der Gegenwert einer mittelalterlichen Vollbibel lag bei 2-3 gut ausgestatteten Bauernhöfen. Neben Kuhhäuten wurde auch Ziege, Schaf und Schwein zu Pergament verarbeitet, aber was größeres als eine Kuh hatte man eben nicht. („Geht auf keine Kuhhaut“).
Papier, seit dem 2. Jahrhundert in China bekannt, und in seiner Herstellung als Geheimnis streng gehütet, findet den Weg durch – Industriespionage – würden wir heute sagen nach Ägypten, von da nach Italien und im 13. Jahrhundert nach Europa. Papier, das ist im Mittelalter nicht Zellstoff aus Holzfaser, sondern als Grundsubstrat alte Lumpen, die zerkleinert und dann einem Fäulnisprozess unterzogen werden.
Der entstandene Brei wird über ein Sieb gewalzt und getrocknet. Dabei bleibt es bis etwa 1830. Papier aus alten Zeiten ist dicker und wesentlich widerstandsfähiger als unser heutiges Papier.
Papier wurde beschrieben und die Papierlagen als Buch gebunden. Das Buchbinden ist seit der Antike bekannt, verbreitet war es bis ins Spätmittelalter nicht. Was wir an wertvollen Codici zur Bibel aus dem 3. Jahrhundert haben, ist alles ungebundes Lagenpapier. Das gebundene Buch wurde zwischen Buchdeckeln aus Holz gepresst, das Holz war Hartholz, sehr oft Eiche oder Esche oder Buche. Der Einband wurde dann mit Kalb- oder Schweinsleder, gebunden, der Einband dann noch schön verziert. Um die Bücher zusätzlich zu schützen und zu stabilisieren – man dachte damals bei der Buchproduktion in Jahrhunderten – wurden sie mit ledernen oder metallernen Schließen gebunden. Fertig ist das Buch.
Was uns dann zum Buch in der heutigen Form noch fehlt, ist der Buchdruck. Dieser ist ja nicht deshalb so eine aufwändige Erfindung weil man nicht auf die Idee gekommen wäre. Blockbücher, bei denen ganze Seiten als Holzschnitte ausgeführt werden gibt es bereits im Mittelalter, oft wird diese Technik bei Flugblättern eingesetzt. Der Buchdruck Gutenbergs, beruht auf den beweglichen Lettern, die man seitenverkehrt in einen Holzrahmen setzt und nach dem Druck für andere Drucke weiterverwendet. Nun reicht es aber nicht aus 26 Buchstaben als Drucktypen zu gießen. Gutenberg wollte die Handschrift des Mittealters nachbilden, zusammen mit den vielen zusammengezogenen Zeichen, Ligaturen, Abkürzungen und Sonderformen. So entstehen 290 eigene Buchstabenformen. Auf jeder Seite der Gutenberg Bibel haben 2600 Zeichen Platz und damit die Arbeit ohne Pause fortgeht muss der Typenvorrat für drei Seiten reichen. Gutenberg läßt daher für seine Bibel 46000 einzelne Drucktypen gießen. Händisch gießen und händisch nachbearbeiten. Um eine Bibel herzustellen braucht Gutenberg Pergament und Papier. Es gibt 150 Papierexemplare der Gutenbergbibel und 30 Pergamentexemplare. Man kann angesichts der Zahlen erahnen, warum Gutenberg zwar die Bibeln mit Mühe fertigstellt, er aber kaufmännisch scheitert.
Gutenbergs Bibel, eines der ersten gedruckten Werke (Gutenberg begann mit Ablassbriefen!) der Weltgeschichte, das erste gedruckte Buch der Welt war bereits zum Zeitpunkt seines Erscheinens sehr wertvoll. 50 Gulden kostet das Buch, 10 Gulden ist der Jahresverdienst eines Facharbeiters jener Zeit.
Gutenbergs Bibel war selbstverständlich auf Latein und die Mehrheit der Bibeln bis 1522 wird weiterhin auf Latein erscheinen. Aber auch deutsche Bibeln gibt es. Und gar nicht so wenige davon. Ein Gutenberg Mitarbeiter – Mentelin – druckt 1466 die nach ihm benannte Mentelin Bibel (Bis Luther wurden Bibel immer nach dem Druckort oder nach dem Drucker benannt. Das deswegen, weil die Übersetzung nachrangig war; miese Übersetzung des späten 14. Jahrhunderts, die schon bei Mentelin antiquiert war und später kaum noch verstanden wurde.)